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Adipositas

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Adipositas (starkes Übergewicht, auch Fettsucht genannt) ist eine Stoffwechselkrankheit, an der in der Schweiz jeder zehnte Erwachsene leidet.

Fachbeiträge unserer Experten

Das verflixtre Bauchfett – und Anderes

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Das verflixte Bauchfett – und Anderes

vgn 20151110

von Heinrich von Grünigen, Dr. med. h. c., Präsident der Schweizerischen Adipositas Stiftung

Fett ist in unserem Körper allgegenwärtig. Wir haben es direkt unter der Haut («subkutan»), wo es uns als Isolierschicht vor Kälte schützt, es dient uns als Polster und als Halterung für bestimmte Organe (man nennt das «Baufett»), es ist unser Notvorrat und unsere Energie-Reserve, sollte uns vorübergehend die Nahrung ausgehen, und es tritt in verschiedenen Farben auf: weiss, braun und beige. Diese Farben, und was sie bedeuten, wollen wir näher betrachten.

Zuerst aber die Feststellung: Fett ist an sich ein nützlicher Bestandteil unseres Organismus’. Bei Normalgewichtigen macht das subkutane Fett unter der Haut rund 65% des gesamten Fett-Volumens aus. Für die Gesundheit problematisch wird es, wenn der Gesamt-Fettanteil im Körper ein gewisses Mass übersteigt. Dabei kennen wir die berühmte Unterscheidung zwischen «Apfel» und «Birne»: befindet sich das zu viele Fett vor allem im Bauchraum zwischen den inneren Organen (man nennt es dort «Viszeralfett») und wölbt sich deswegen die Bauchwand hart und tonnenförmig vor, dann spricht man von der Apfelform, wie sie häufig bei übergewichtigen Männern anzutreffen ist. Bei der birnenförmigen Verteilung sitzt das Fett vor allem unter der Haut des Unterbauchs und als sog. «Reiterhosen» an den Hüften und Oberschenkeln, vorzugsweise bei Frauen anzutreffen. Die Birnenform ist gesundheitlich viel weniger problematisch, wird aber dennoch als störend empfunden, weil sie dem aktuellen Schönheitsideal nicht entspricht. (In anderen Kulturkreisen und in früheren Zeiten galten üppige weibliche Erscheinungsformen hingegen als erstrebenswerte Merkmale für Fruchtbarkeit und Gesundheit.)

Das übermässige Viszeralfett (auch «Bauchfett» genannt) ist der eigentliche Bösewicht im Adipositas-Komplex: es gebärdet sich wie ein eigenständiges Organ, organisiert sich seine Blutversorgung und produziert eine Vielzahl von Hormonen und Botenstoffen, mit denen es den Glukosestoffwechsel, den Fettstoffwechsel und das Hungergefühl beeinflussen kann. Die Impulse, die das Fett auf diese Weise dem Gehirn und anderen Körperpartien übermittelt, können so stark sein, dass in «schweren» Fällen mit dem Willen allein kaum Gegensteuer gegeben werden kann. Fressattacken, unkontrollierte Nahrungsaufnahme, Essstörungen können die Folge sein, verbunden mit einer noch weiter gesteigerten Fetteinlagerung. Die Hormone, die bei diesem Vorgang eine Rolle spielen, sind u.a.: Leptin, Adiponectin, Resistin, Visfatin und Hepicidin…

Das meiste Fett, das wir im Körper haben, ist das «weisse» Fett. Seine Farbe ist zwar gelblich, aber es ist hell (wie man es von einer saftigen Scheibe Speck her kennt). Es kann all die oben erwähnten Funktionen übernehmen und ist ein ideales Speichermedium zur Konservierung von Energie, die mit der Nahrung aufgenommen aber nicht unmittelbar wieder verbraucht wird. Diese genetisch überlieferte Fähigkeit hat die Menschen – wie die meisten warmblütigen Lebewesen – im Verlauf der Evolution durch Jahrmillionen am Leben gehalten und hat ihnen ermöglicht, auch länger dauernde Hunger-Perioden zu überstehen. Dieser Prozess hat zu einer «Auswahl der fettesten» geführt: je besser die Speicher-Kapazität, umso sicherer das Überleben.

Zu allen Zeiten gab es übergewichtige, «dicke» Menschen, allerdings nur vereinzelte Exemplare, die unter ganz bestimmten Bedingungen lebten. Auf historischen Abbildungen sieht man sie: Könige, Päpste, Mönche, reiche Kaufleute… alles Personen, die nicht harte körperliche Arbeit leisten mussten, die sich reichlich bis luxuriös ernähren konnten. Aber das Volk, das sich bei karger Kost täglich abrackerte, blieb mager. Kaum je gab es ein Fettauge auf der Kohlsuppe. Die aktuelle Adipositas-Epidemie ist eine klare Zivilisationserscheinung, die durch relativen Wohlstand und einen permanenten Überfluss an kalorienreicher Nahrung verursacht ist, wie wir es praktisch seit zwei Generationen kennen. Der menschliche Organismus ist genetisch nicht auf Gewichtsverlust programmiert, er kann auf «natürliche» Weise nur zunehmen.

Allerdings gibt es Ausnahmen. Dies sind Menschen, welche einen grösseren Anteil an «braunem» (bzw. «beigem») Fett haben. Man schätzt ihren Anteil an der Bevölkerung auf ca. 30%. Das sind jene Menschen, die essen können was und wie viel sie wollen – und dabei kein Gramm an Gewicht zunehmen. Sie verwandeln die überschüssige Energie über Nacht in Wärme. Dies geschieht im «braunen/beigen» Fett, das so aussieht, weil es eine höhere Dichte an Mitochondrien hat. Das sind winzige Gebilde innerhalb jeder Körperzelle, welche die eigentlichen Energielieferanten sind. Am meisten Mitochondrien enthalten die Muskelzellen. Braunes Fett haben Säuglinge und kleine Lebewesen, da es Wärme erzeugen kann, von der umso mehr verbraucht wird, je «grösser» die Körperoberfläche im Verhältnis zum Volumen ist. Bei den Menschenkindern bildet sich im Lauf des Wachstums der «Babyspeck» zurück, aus dem braunen Fett wird weisses, «normales». Aber auch jeder Erwachsene hat noch einen kleinen Restposten – ca. 200 Gramm – braunes Fett, im Rücken zwischen den Schulterblättern.

Dieses braune Fett wurde schon im 16. Jahrhundert entdeckt, aber von der Medizin nicht besonders beachtet. Erst um die Jahrtausendwende rückte diese besondere Fettart in den Fokus der Forschung und man fragte sich, ob es nicht möglich wäre, den Anteil des braunen Körperfettes zu erhöhen, um den Kalorienverbrauch zu steigern. Dabei stiess man auf eine dritte Art von Fett, bei dem die Anzahl der Mitochondrien ebenfalls erhöht ist: das «beige» Fett. Diese Fettzellen sind wandelbar. Unter «normalen» Umständen verhalten sie sich wie weisses Fett, bei Kälte können sie jedoch auf Wärmeproduktion umschalten (Thermogenese). Nun zeigte sich, dass schlanke Menschen einen höheren Teil an beigem und einen geringeren an weissem Fett aufweisen. Wenn es möglich wäre, das weisse in beiges Fett umzuwandeln (ev. durch ein noch zu entwickelndes Medikament), wäre eine neue Therapie gegen Adipositas gefunden.

Versuche mit Mäusen haben gezeigt, dass diese Tiere in einem kalten Umfeld mehr beiges Fett produzieren. Kälte wäre demnach ein Anreiz zur Fett-Umwandlung. Aber wie lässt sich so etwas in der Praxis umsetzen? – Dass der Kalorienverbrauch in der Kälte steigt, ist an sich ein bekanntes Phänomen. Es gibt eine Theorie (sie wird u.a. vom Adipositas-Experten PD Dr. med. Fritz Horber vertreten), dass sich die Anzahl der Adipositas-Betroffenen in unseren Breitengraden auf die Hälfte reduzieren liesse, wenn in den Wohnungen konsequent die Zimmertemperatur gesenkt würde. (Welche Rolle hier die Klimaerwärmung spielt, ist eine andere Frage.)

Aktuell arbeitet die Forschung daran, nach Lösungen zu suchen, wie dem Körper auf andere Weise «Kälte» signalisiert werden könnte. Im Vordergrund stehen bestimmte Hormone wie Noradrenalin oder Irisin, aber die haben Nebenwirkungen mit höherem Gesundheitsrisiko, so dass eine «Kälte-Wunderpille» noch lange auf sich warten lassen dürfte.

So dass uns im Moment nur die bekannten Methoden zur Reduktion des «Bauchfetts» bleiben: die chirurgische Lösung als Langzeit-Garant, bewährte Programme unter medizinischer und fachlicher Begleitung, passende und geeignete Lebensstil-Veränderungen, aber vor allem und am wichtigsten: konsequente moderate Ernährungsweise und ausreichend Bewegung, um die Entstehung von zu vielem Fett von Anfang an zu verhindern.

 
Heinrich von Grünigen, Dr. med. h. c., Präsident
Schweizerische Adipositas-Stiftung SAPS
Gubelstrasse 41
8050 Zürich
Telefon 044 251 54 13
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Welche Bedeutung hat Essen für Sie?

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Welche Bedeutung hat Essen für Sie?

von Nicole Heuberger, Präsidentin epb-schweiz

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Ist es nicht paradox? Da kommen laufend neue Ernährungsratgeber, Wunderdiäten und gut gemeinte gesundheitsfördernde Massnahmen auf den Markt und dennoch sind die Zahlen der ernährungsbedingten Krankheiten stets zunehmend. Ich bin sicher, auch Sie wissen im Grunde bestens, dass zum Zvieri eine Karotte zielführender ist im Kampf gegen das Übergewicht als ein Kuchen. Aber aus irgendeinem Grund entscheiden wir uns dann eben doch lieber für den Kuchen. Vielleicht weil er einfach besser schmeckt, vielleicht aber auch, weil es einfach schon immer Kuchen zum Zvieri gab. Oder vielleicht auch deshalb, weil uns der süsse Geschmack beruhigt. Und Beruhigen tut doch gut, besonders nachdem es heute schon so viele Ärgernisse im Geschäft, Zuhause oder unterwegs gegeben hat. Vielleicht denken wir dann: „Was bringt mir jetzt diese doofe Karotte, wenn ich doch viel lieber Kuchen mag. Den Kuchen hab ich mir jetzt wirklich verdient, den nimmt mir niemand weg!“

Genau darum geht es in der Ernährungs-Psychologischen Beratung (EPB): Wir gehen der Frage nach, aus welchem Grund wir essen resp. uns ungünstig ernähren. Denn nicht immer ist Hunger der Treiber, sondern unser Gefühlszustand. Erst wenn wir unserem Essmuster auf den Grund gekommen sind, können wir unser Verhalten wirklich ändern.

Wir alle wissen, dass das Leben nicht immer wunderschön gradlinig verläuft. Manchmal erleben wir auch Tiefen, fühlen uns aus der Balance geworfen. Wir Menschen versuchen stets das Ungleichgewicht in unserer Lebenssituation auszugleichen, kompensieren dann ein Defizitgefühl möglicherweise mit Essen. So kann ein Mangel an Zeit, Anerkennung, Liebe, befriedigenden Tätigkeiten, sozialen Kontakten oder zu wenig Bewegung und Erholung dazu führen, ungünstig oder zu viel zu essen. Kurzfristig eine praktische Strategie, mit den unbequemen Gefühlen umzugehen. Auf die Dauer aber kann dieses Muster zu Übergewicht und Essverhaltensstörungen führen. Deshalb interessieren uns in der EPB* weniger die Kalorien oder Nährwerte auf dem Teller, sondern viel eher, weshalb wir mit Essen „reagieren“. Die Klienten sollen verstehen, welche Bedeutung Essen für sie hat, welche ungünstigen Essmuster oder Emotionen im Spiel sind und die Gewichtsabnahme verhindern.

Die Ernährungs-Psychologische Beratung bietet schon seit über 10 Jahren ganzheitliche Lösungen an für Menschen mit Gewichtsproblemen und Essverhaltensstörungen. Dennoch weiss die breite Öffentlichkeit noch immer wenig über unser Angebot. Deshalb setzen wir uns seit der Gründung (2010) von epb-schweiz, dem Berufsverband Ernährungs-Psychologische Beratung Schweiz, dafür ein, dass dieser ganzheitliche Ansatz bekannter wird, und somit Ratsuchenden geholfen werden kann.

Wir alle wissen, dass es eine grosse Herausforderung ist, Gewicht erfolgreich und vor allem langfristig zu reduzieren. Je höher der BMI, desto schwieriger ist es. Es gibt nicht DIE eine Lösung wie Abnehmen funktioniert, ebenso wenig gibt es DEN einen Grund für Übergewicht. Die EPB bietet Ihnen aber eine breite Palette an „Werkzeugen“, um Ihrem Essmuster auf den Grund zu gehen und somit den für Sie passenden, individuellen und hoffentlich wirkungsvollen Weg zu beschreiten im Kampf gegen das Übergewicht. Packen wir es an – je früher desto besser! Ich wünsche Ihnen von Herzen viel Erfolg dabei!

 
Nicole Heuberger
Präsidentin epb-schweiz
Berufsverband Ernährungs-Psychologische Beratung Schweiz
epb-schweiz, 8000 Zürich
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Was genau sind eigentlich "innere Hernien"?

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Was genau sind eigentlich "innere Hernien"?
von Dr. med. Diana Mattiello, Leitende Ärztin Chirurgische Klinik, Spital Limmattal
csm diana mattiello spital limmattal ac4b01e203  Innere Hernien Zeichnung 1 Innere Hernien Zeichnung 2

Der Begriff „Hernien“ wird in vielen medizinischen Gebieten gebraucht. So spricht man etwa von Diskushernie (Bandscheibenvorfall), Muskelhernie, Inguinalhernie (Leistenbruch), Zwerchfellhernie und Narbenhernie.

Gemäss Wikipedia ist eine Hernie so definiert: Eine Hernie (Aussprache: [ ˈhɛʁni̯ə]; von lateinisch hernia, ‚Bruch‘, von griech. ἔρνος érnos „Knospe, Spross“), deutsch Bruch, ist der Austritt („Durchbruch“, „Durchbrechen“) von Eingeweiden aus der Bauchhöhle (Eingeweidebruch) durch eine angeborene oder erworbene Lücke (Bruchpforte) in den tragenden oder begrenzenden Gewebeschichten.

Deshalb spricht man umgangssprachlich auch von einem Bruch, was jedoch nicht mit einem Knochenbruch zu verwechseln ist. Vielmehr wird hier der Umstand beschrieben, dass Fett- und Muskelgewebe oder Darm durch eine Lücke in der Bauchdecke oder einem anderen Gewebe hindurchbrechen oder eben „hernieren“. Dabei kann in entspanntem Zustand dieses „hernierte“ Gewebe durch die Lücke zurückgedrückt und die „Bruchlücke“ getastet werden.

Nun gibt es aber nebst diesen hauptsächlich im Gewebe des Bewegungsapparats entstandenen Bruchlücken auch innere Hernien, was für den Laien noch schwerer zu verstehen ist.

Was bricht denn bei der inneren Hernie wo durch? Was sind das für Lücken und wieso geschieht dies?

Wenn man sich mit der bariatrischen Chirurgie (Adipositaschirurgie) beschäftigt, kommt man um das Thema der inneren Hernie nicht herum. Durch die veränderte Anatomie bei der Anlage eines Magenbypasses entstehen künstlich hergestellte Lücken. Diese Lücken entsprechen den sogenannten „Bruchlücken“, ohne dass hier in diesem Fall eine Lücke in der Bauchdecke oder im Muskelgewebe entstanden wäre: Bei der Durchführung eines Magenbypasses durchtrennt man den Dünndarm und zieht ihn über den quer liegenden Dickdarm hoch zum Magen. Dort wird dann die Naht zwischen Magen und Dünndarm (Gastroenterostomie) hergestellt. Da der Dünndarm mobil ist, entsteht nun zwischen diesem hochgezogenen Dünndarm und dem dahinter liegenden Dickdarm eine Lücke. Diese Lücke ist die sogenannte „Petersonlücke“ (siehe Zeichnung 1).

Der durchtrennte Dünndarm wird weiter unten wieder an den restlichen Dünndarm angenäht (Fusspunktanastomose), womit eine weitere Lücke entsteht. Diese „intermesenteriale Lücke“ ist noch schwieriger darzustellen, einen Versuch zeigt Zeichnung 2.

Lässt man diese Lücken offen, so kann sich durch die stetige Bewegung des Dünndarms (Darmperistaltik) dieser durch die Lücke hindurchbewegen (hernieren), was zu krampfartigen Schmerzen, Darmverschluss und im schlimmsten Fall zu einem Absterben des Darms bei verminderter Durchblutung führen kann. Das Auftreten bzw. die Inzidenz (Häufigkeit) für eine innere Hernie liegt dabei zwischen 1 - 3 %.1 2

Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass in knapp 90 % der Fälle der Darm durch die Petersonlücke herniert und dabei häufiger von links nach rechts. Dies rührt unter anderem daher, dass man diese Lücke aufgrund des dahinterliegenden Dickdarms nicht komplett verschliessen kann.

Die mesenterialen Lücken sind oft vollständig zu, da sich ein kompletter Verschluss bei einer linksseitigen Anlage der Fusspunktanastomose technisch gut machen lässt.

Aus diesen Gründen verschliessen wir bei der Durchführung eines Magenbypasses sämtliche Lücken mit einem dauerhaft bleibenden Faden, um das Risiko einer inneren Hernie zu minimieren.3 Da wir jedoch dabei das Gekröse vom Darm nähen (Mesenterium des Dünndarms), welches nebst den Gefässen viel Fettgewebe enthält, können diese Nähte bei grossem Gewichtsverlust und somit auch bei der Abnahme des Fetts im Bauch wieder aufgehen.

Hat nun ein Patient immer wieder chronische Bauchschmerzen und Koliken, empfehlen wir deshalb dringend, diese Lücken zu kontrollieren. Da der Darm jedoch mobil ist und sich immer wieder bewegt, kann er sich auch wieder aus der Lücke herausbewegen, weshalb diese „innere Hernie“ nicht immer im Computertomogramm ersichtlich ist. Die sicherste Methode, eine offene Lücke nachzuweisen, ist deshalb die diagnostische Laparoskopie (Bauchspiegelung).

In der Regel kann diese mit drei bis vier kleinen Schnitten in circa 30 - 45 Minuten Operationsdauer durchgeführt werden und die Patienten gehen nach einer Übernachtung nach Hause, was sicherlich ein geringeres Risiko darstellt, als wenn sich eine akute Hernie oder Einklemmung manifestiert.

Ein Artikel von Dr. med. Diana Mattiello, Leitende Ärztin Chirurgische Klinik

 
1 Internal hernia after lapa­ro­scopic Roux-en-Y gastric bypass for morbid obesity; Iannelli A1, Facchiano E, Gugen­heim J.; Obes Surg. 2006 Oct;16(10):1265-71.
2 Meta-analysis of internal hernia­tion after gastric bypass surgery; Geub­bels N1, Lijftogt N, Fiocco M, van Leersum NJ, Wouters MW, de Brauw LM; Br J Surg. 2015 Apr;102(5):451-60.
3 Closure of Mesen­teric Defects in Lapa­ro­scopic Gastric Bypass: a Meta-Analysis; Magou­liotis DE1,2, Tzovaras G3, Tasio­poulou VS3, Chris­to­dou­lidis G3, Zach­a­roulis D4; Obes Surg. 2020 May;30(5):1935-1943.
 
Spital Limmattal
Urdorferstrasse 100
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Der "Mini"-Magenbypass - Segen oder Fluch?

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Der "Mini"-Magenbypass - Segen oder Fluch?
von Dr. med. Thomas Köstler, Leitender Arzt Chirurgie, Spital Limmattal
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Die Diskussion um den richtigen Bypass wird unter Fachleuten zuweilen sehr emotional geführt. Seit ein paar Jahren wird weltweit vermehrt ein Bypass durchgeführt, der auch „Mini“-Bypass genannt wird.
Korrekterweise sollte dieser aber Ein-Anastomosen-Bypass (oder Omega-Bypass) genannt werden. Diese Operation ist heute die dritthäufigste bariatrische Operation weltweit, nach dem „Magenschlauch“ (Gastric Sleeve) und dem Y-Magenbypass. Die Wirksamkeit und Sicherheit ist in zahlreichen Studien belegt.

Die offenen Fragen aber lauten:
• Braucht es diesen Omega-Bypass, wo wir doch mit dem Y-Magenbypass eine bewährte Operationsmethode haben?
• Wo liegen die Vor- und Nachteile des Omega-Bypasses zum Y-Magenbypass?
Wir möchten Ihnen diese Fragen aufgrund der Erkenntnisse in der Fachliteratur und unserer Erfahrungen, die wir im Rahmen eine Studie sammeln konnten, gerne beantworten.

Der Hauptunterschied zwischen dem Y-Magenbypass und dem Omega-Bypass:

A: Beim Omega-Magenbypass wird keine Dünndarm-Dünndarm-Verbindung („Fusspunkt-Anastomose“) wie beim Y-Magenbypass hergestellt (siehe Skizze).

B: Der Magenpouch ist beim Omega-Bypass länger als beim Y-Magenbypass (siehe Skizze).

Diese Unterschiede erklären einerseits die Vorteile, aber auch die Nachteile des Omega-Bypasses zum Y-Magenbypass.

Vorteile des Omega-Bypasses zum Y-Magenbypass:

A: Es gibt weniger Darmverschlüsse oder chronische Bauchschmerzen im Mittel- und Langzeitverlauf bedingt durch Briden (Verwachsungen), innere Hernierungen (Darmeinklemmung) und Invaginationen (Darmeinstülpungen) mit dem Omega-Bypass im Vergleich zum Y-Magenbypass.

Durch den Verzicht auf eine „Fusspunkt-Anastomose“ beim Omega-Bypass können diese Komplikationen reduziert werden.

Ein Darmverschluss kann eine schwere Komplikation sein, und muss mit einer Operation behoben werden.

B: Aufgrund des längeren und grösseren Magenpouches ist das Risiko für „Dumping Symptome“ (Unterzuckerungen 1 bis 2 Stunden nach Nahrungsaufnahme) nach Omega-Bypass-Operationen etwas niedriger als nach Y-Magenbypass-Operationen.

Nachteile des Omega-Bypasses zum Y-Magenbypass:

A: Durch den Verzicht auf eine Fusspunkt-Anastomose ist das Risiko für das Auftreten von Gallereflux (Zurückfliessen von ätzender Gallenflüssigkeit in die Speiseröhre) beim Omega-Bypass gegenüber dem Y-Magenbypass erhöht (2 - 4 % nach 5 Jahren). Die Gallenflüssigkeit wird beim Omega-Bypass über den Magen, und nicht wie beim Y-Magenbypass, über die Fusspunkt-Anastomose „abgeleitet“.

Der Gallereflux kann subjektiv sehr unangenehm sein und kann zu chronischen Entzündungen der Speiseröhre führen.

Da es keine gute medikamentöse Therapie des Gallerefluxes gibt, muss in solchen Fällen der Omega-Bypass in einen Y-Magenbypass umgewandelt werden. Damit wird der Gallereflux behoben.

B: Beim Omega-Bypass wird ein längerer Magenpouch gebildet. Dadurch steigt das Risiko für Magengeschwüre an der Verbindung zwischen Magen und Dünndarm (Gastroenterostomie) im Mittel- und Langzeitverlauf nach Omega-Bypass-Operation gegenüber dem Y-Magenbypass an. Diese Geschwüre lassen sich aber in den allermeisten Fällen mit Medikamenten gut behandeln.

Viele Studien zeigen, dass die Gewichtsabnahme mit dem Omega-Bypass besser ist als mit dem Y-Magenbypass. Viele dieser Studien vergleichen aber einen Omega-Bypass und einen Y-Magenbypass mit unterschiedlich langem Dünndarm, der aus der Nahrungspassage ausgeschaltet wurde (biliopankreatischer Schenkel).

Entscheidend für die Gewichtsabnahme, vor allem im Mittel und Langzeitverlauf, ist nicht, ob ein Omega-Bypass oder ein Y-Magenbypass durchgeführt wurde, sondern wie viel Dünndarm aus der Nahrungspassage aufgeschaltet, und welches Dünndarmsegment mit dem Magen verbunden wurde. Beides kann sowohl beim Omega-Bypass als auch beim Y-Magenbypass variiert werden.

Einige Studien zeigen, dass der Omega-Bypass zu mehr Durchfällen neigt als der Y-Magenbypass. Auch hier wurden unterschiedliche Dünndarmlängen miteinander verglichen. Diese Durchfälle, auch Fettstühle genannt, können sowohl beim Omega- als auch beim Y-Magenbypass auftreten. Diese Komplikation hängt davon ab, wie viel Dünndarm weiterhin mit Verdauungssäften versorgt wird („common channel“). Auch die Länge des „common channel“ kann sowohl beim Omega-Bypass als auch beim Y-Magenbypass unterschiedlich konfiguriert werden.

Mangelernährung kann sowohl nach einem Omega-Bypass als auch nach einem Y-Magenbypass auftreten und hängt im entscheidenden Masse davon ab, wie viel Dünndarm aus der Nahrungspassage ausgeschaltet wurde.

Somit sind weder Gewichtsverlust noch Durchfälle noch Mangelernährungen spezifische Vor- bzw. Nachteile des einen oder anderen operativen Eingriffs.

Beide Operationen reduzieren das Risiko irgendwann im Leben an Krebs zu erkranken. Übergewicht gilt als Risiko für zahlreiche bösartige Tumoren (z. B. Brust- oder Dickdarmkrebs).

Diskutiert wird beim Omega-Bypass das potenzielle Risiko für die Entstehung von Speiseröhrenkrebs aufgrund des möglichen Gallerefluxes. Bis heute ist allerdings kein solcher Fall beschrieben worden. Auch eine ähnliche Operation wie der Omega- Bypass, die bereits vor Jahrzehnten wegen Magengeschwüren und Tumoren durchgeführt wurde, zeigte kein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Speiseröhrenkrebs im Langzeitverlauf.

Dennoch ist es wichtig, dass Patienten, die einen Omega-Bypass erhalten haben, lebenslang regelmässig eine Magenspiegelung durchführen lassen, um einen Gallereflux frühzeitig zu erkennen und zu therapieren.

Wir empfehlen deshalb immer bereits vor der Operation eine Funktionsdiagnostik der Speiseröhre durchzuführen. Leiden die Patienten bereits vor der Operation an einem sauren Reflux, so haben diese ein grösseres Risiko für einen Gallereflux nach der Omega-Bypass-Operation. In solchen Fällen empfehlen wir dem Patienten, einen Y-Magenbypass durchführen zu lassen.

Der Omega-Bypass kann eine Alternative oder Ergänzung zum Y-Magenbypass sein.

Für uns ist der Omega-Bypass aufgrund eigener Erfahrungen eine sehr gute Ergänzung zum Y-Magenbypass. Wir führen den Omega-Bypass zurzeit im Rahmen von Studien durch.

Wir können den Omega Bypass-Eingriff mit sehr guten Resultaten und sehr guter Lebensqualität für viele Patienten empfehlen.

Der Y-Magenbypass ist aber für uns aufgrund der sehr guten Langzeitresultate nach wie vor die Standardoperation. Eine gute Selektion der Patienten und lebenslange Nachkontrollen sind gerade beim Omega-Bypass sehr wichtig, somit können die Patienten vom Vorteil des Eingriffes profitieren, und Nachteile frühzeitig entdeckt und therapiert werden.

Dr. med. Thomas Köstler

Leitender Arzt Chirurgie, Spital Limmattal
FMH Chirurgie, Schwerpunkttitel Allgemeine Chirurgie/Traumatologie und Viszeralchirurgie
Leiter Bariatrienetzwerk Spital Limmattal
Urdorferstrasse 100
CH-8952 Schlieren
Telefon +41 44 733 11 11

 

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